18.10.2025
Gemarkswanderung Waldangelloch
mit Edgar Bucher
Wann? 25.10.2025, 14 Uhr
„Kennst du deine Gemarkung?“
Eine Wanderung auf historischen Spuren rund um Waldangelloch
Wer heute rund um Waldangelloch spaziert, ahnt kaum, wie alt viele der Wege und Flurnamen sind, die unsere Landschaft durchziehen. Schon im Mittelalter war es üblich, dass Bürgermeister, Ratsmitglieder, ältere Bürger und die Jugend einmal im Jahr die Grenzen ihrer Gemarkung abschritten. Diese sogenannten Gemarkungswanderungen hatten einen wichtigen Zweck: Sie dienten dazu, die Lage der Grundstücke und die Grenzen der Gemeinde im Gedächtnis der Bevölkerung zu verankern.
Damals war Landbesitz von großer Bedeutung – und Grenzstreitigkeiten waren häufig. Wer beim Pflügen sein Feld „unabsichtlich“ ein Stück vergrößerte, konnte das im Dorf regeln. Wurde jedoch eine Grenze zu einer anderen Herrschaft überschritten, konnte daraus ein ernsthafter Rechtsstreit entstehen – besonders im Kraichgau, wo die Gemarkungen verschiedener Herrschaften dicht beieinanderlagen.
Mit dem Aufkommen der Markungssteine ab dem 17. Jahrhundert wurden die Grenzen zwar sichtbar festgelegt, doch die Wanderungen blieben Teil der Dorfgemeinschaft. Alle paar Jahre zog man entlang der Grenzsteine, oft gemeinsam mit Nachbarn aus der benachbarten Gemeinde. Man lernte dabei nicht nur die Lage der Grenzen, sondern auch die Namen und Eigenheiten der Felder, Äcker, Wälder und Hänge kennen – also das, was wir heute Flurnamen nennen.
Flurnamen
Sprachzeugnisse unserer Landschaft
Die Flurnamen sind mehr als alte Bezeichnungen: Sie sind *kleine Geschichtsbücher der Landschaft. Viele entstanden schon im Mittelalter und spiegeln die Nutzung, die Bodenart oder besondere Ereignisse wider. Namen wie *Bachäcker, Hasenpfad, Im Burkhardtstal oder Pfarrain sind keine Zufälle, sondern Hinweise auf frühere Bewirtschaftung, Besitzverhältnisse oder natürliche Gegebenheiten.
Solche Namen wurden über Generationen weitergegeben, oft mundartlich verändert. Manche sind in alten Urkunden wie dem *Güterbuch des Ritterstifts Odenheim von 1420* belegt, andere tauchen erst in neueren Katasterunterlagen auf. Wo frühere Wege oder Parzellen heute überbaut oder zusammengelegt sind, leben die alten Flurnamen häufig *in Straßennamen* weiter – ein Stück Erinnerung an die ursprüngliche Landschaft.
Warum Gemarkungswanderungen heute wieder Sinn machen
Eine moderne Gemarkungswanderung ist kein Pflichtgang mehr, sondern eine Einladung:
* Sie verbindet Geschichte, Natur und Gemeinschaft.
* Sie lässt alte Flurnamen lebendig werden und zeigt, wie sich die Landschaft durch Landwirtschaft,
Flurbereinigung und Siedlungsbau verändert hat.
* Sie eröffnet Blicke auf bekannte und vergessene Wege, Grenzsteine, Hohlwege und Aussichtspunkte.
Gerade im Kraichgau, mit seiner sanften Hügellandschaft aus Lössboden, kann man an vielen Stellen noch erkennen, wie alte Hohlwege und Grenzpfade verlaufen sind. Auch wenn sie rund um Waldangelloch nur an wenigen Stellen erhalten sind, erzählen sie doch von der langen Nutzung dieser Wege – von Fuhrwerken, Pilgern und Bauern, die hier unterwegs waren.
Ein Stück gelebte Heimatpflege
Eine Gemarkungswanderung ist nicht nur eine Tour durch die Landschaft, sondern auch ein Stück Heimatgeschichte zum Anfassen.
Sie erinnert daran, dass unsere Dörfer und Fluren gewachsene Lebensräume sind, deren Grenzen, Wege und Namen Ausdruck jahrhundertelanger Erfahrung und Gemeinschaft sind.
Vielleicht kann eine solche Wanderung – wie schon der Autor des kleinen Heftes „Flur- und Wiesennamen aus Waldangelloch“ anregte – wieder Menschen zusammenbringen: Alteingesessene, die Geschichten erzählen können, und Neubürger, die ihre neue Heimat besser kennenlernen möchten.
Denn wer die Gemarkung kennt, versteht auch das Dorf – und die Landschaft, die es trägt.
Die Wanderung
Wer sich aufmacht, die Gemarkung von Waldangelloch zu umrunden, sollte sich Zeit nehmen – und gute Schuhe. Nicht überall führt ein Weg direkt an der Grenze entlang; manche Abschnitte gehen durch Felder oder Waldstücke. Daher empfiehlt sich der Herbst oder Winter, wenn die Vegetation niedrig ist und kein Flurschaden droht.
Unterwegs lohnt es sich, die Grenzsteine, alten Wegtrassen oder Hohlwege zu beachten – Spuren, die davon erzählen, wie Menschen über Jahrhunderte ihr Land nutzten und gestalteten.